Eigentlich fing alles ganz spontan mit einem kollegialen Gespräch im Lehrerzimmer an: „….Die Schülerinnen und Schüler verstehen bestimmte - selbstverständliche - Wörter nicht mehr, haben Probleme, fehlerfrei Sätze oder überhaupt zu formulieren, sitzen ratlos vor mathematischen Textaufgaben und haben keinerlei Ahnung, welche Rechnung dahinterstehen könnte. Fatal, da sie die Rechentechnik grundsätzlich beherrschen….und es darum geht, mit gutem Zeugnis und Bewerbungsschreiben eine Ausbildungsstelle zu bekommen. ….“
Das war die gedankliche Geburtsstunde des Sprachbüros und der Mathewerkstatt. Materialien wurden gesichtet, Konzepte entwickelt, Stunden organisiert, Fort- und Weiterbildungen besucht und angeboten, ein Pädagogischer Tag zum Thema ausgerichtet etc.
Seit dem vergangenen Schuljahr 2017/2018 gibt es nun das Sprachbüro am Mulvany Berufskolleg (für mehr Informationen zum Mulvany Sprachbüro klicken Sie auf diesen Link). Drei Deutschlehrer aus unterschiedlichen Bildungs-gängen unter der Federführung von Herrn Hemsing bieten hier ihre Unterstützung an. Dabei reicht das Spektrum der Hilfestellungen vom zielgenauen Verfassen von Bewerbungsschreiben über die Begleitung der Erstellung von EDV-gestützten Präsentationen zu absolvierten Praktika bis zur Betreuung von Facharbeiten. Die Schülerinnen und Schüler müssen hierbei lediglich per Mail mit dem Sprachbüro Kontakt aufnehmen und bekommen dann einen Termin zugewiesen, wobei die Voraussetzung für die Betreuung durch das Sprachbüro-Team ein bereits bestehendes Arbeitsprodukt ist. Die bisherige Resonanz in der Schülerschaft ist als durchweg positiv zu bezeichnen und die Erfolge durch die Hilfe des Sprachbüros nachweisbar. Mehrere Schülerinnen und Schüler wurden nach der Betreuung aufgrund ihrer Bewerbungsschreiben zu Vorstellungsgesprächen eingeladen und im zweiten Bestehensjahr des Sprachbüros können erste Kontaktaufnahmen von Schülerinnen und Schülern zum Sprachbüro auf eine positive Kommunikationskultur zu dessen erfolgreicher Arbeit zurückgeführt werden.
Die Stunden der Mathewerkstatt wurden in den Stundenplan der Klassen der Höheren Handelsschule und der Ausbildungsvorbereitung eingearbeitet und waren verpflichtend. Hier stand die Analyse der Sprache im Vordergrund, um die Verbindung zum mathematischen Hintergrund zu schaffen.
Unsere nächsten Bausteine lagen quasi am Wegesrand… Uns wurde eine Kooperation mit der Herner Bibliothek angeboten, die wir mit in die didaktische Arbeit der verschiedenen Bildungsgänge einbauten. Führungen durch die Bibliothek als schulexterner Lernort mit seinen vielen Möglichkeiten der Materialbeschaffung sowie Techniken, um eine gute Facharbeit konzipieren zu können, waren nur einige Erkenntnisse, die die Schülerinnen und Schüler mitnahmen.
Durch das Netzwerk Zukunftsschulen NRW kam dann eine weitere Kooperation mit zwei Schulen zustande: der Erich-Kästner-Schule in Bochum, einer Gesamtschule, und dem Heisenberg-Gymnasium in Dortmund. Durch Gespräche wurde deutlich, dass auch andere Schulformen ähnliche Probleme in Sachen Sprachförderung haben, aber auch zum Teil andere Bausteine der Problemlösung nutzen. Hier konnte man voneinander lernen. Das Netzwerk NISKoBa (Nachhaltige Implementierung eines sprachsensiblen Konzepts anhand von Bausteinen) war geboren. Dafür gab es dann auch eine Plakette vom Netzwerk Zukunftsschulen NRW.
Im Rahmen eines pädagogischen Tages wurde das komplette Lehrerkollegium geschult und für das Thema sensibilisiert. Hier hat uns das Büro Sprache der Bezirksregierung in Arnsberg sehr unterstützt. Interessant war die Erkenntnis, dass es oft nur minimale Änderungen der Unterrichtsplanung oder -durchführung bedarf, um mit sprachlichen Methoden bessere Erfolge bei den Schülerinnen und Schülern zu erzielen.
Parallel bot sich die Möglichkeit, an einer Fortbildung des Lehrstuhls von Prof. Susanne Prediger der TU Dortmund im Rahmen des Erasmus-Projekts LaMaVoc (Language for Mathematics in Vocational Contexts) teilzunehmen. Hier ergab sich die professionell unterstützte Entwicklung von Material für den sprachsensiblen Mathematikunterricht.
Als Fazit bleibt die Erkenntnis, dass wir sicherlich keine Zauberkünste vollbringen können, aber vielleicht dem/ der ein oder anderen lernwilligen Schüler oder Schülerin Möglichkeiten an die Hand geben können, sich sprachlich zu entwickeln und bessere Leistungen zu bringen.
Die ersten Schritte sind also getan, aber der Weg ist noch lang und mühsam. Engagement, Überzeugung und der Spaß am Unterrichten sorgen jedoch dafür, dass alle am Konzept Beteiligten sich weiterhin mit vollem Einsatz einbringen!
Text und Fotos: Mirjam Kaltegärtner und Tobias Hemsing