„Jedes Jahr hieß es, nächstes Jahr gehen wir in die Türkei zurück. Und dann kaufte meine Mutter irgendwann eine Einbauküche…..“ berichtete Frau Erkaya im KULTURcafé des Mulvany Berufskollegs vom Lebensweg ihrer Familie. Sie war mit zwei Jahren nach Deutschland gekommen, weil ihre Eltern hier Arbeit fanden. Vorübergehend. Aus einem „vorübergehend“ wurde schließlich ein „Bleiben“.
Frau Erkaya erzählte den Schülerinnen der Klassen BFS1b, BFS1c und der HBFU1 von Begegnungen mit dem deutschen Bildungssystem, von dem ihre Eltern keine Ahnung hatten, von verpassten Chancen, weil sie als Türkin auf der Hauptschule nur ihren Hauptschulabschluss machen durfte, um deutschen Kinder keinen Platz wegzunehmen. Etwas, was besonders wurmte, war, als Mädchen, als Frau von Männern und Frauen unterschätzt zu werden. Früher, aber auch noch heute in einer Leitungsposition einer Filialbäckerei.
Vor dem Hintergrund dieser Geschichte aber auch aufgrund der gemachten Erfahrungen ging es im angeregten Gespräch mit den Schülerinnen um das Bild der Frau in der Öffentlichkeit. „Werden deutsche Frauen anders wahrgenommen als z.B. eine türkisch-muslimische Frau?“ „Was ist Ehre? Und was wünschen wir uns als Frauen? Wie möchten wir als Frau wahrgenommen werden?“
Übereinstimmend fanden sich ähnliche Aussagen zu dem Bericht von Frau Erkaya wieder. Auch heute empfinden junge Mädchen teilweise noch so. Auch sie fühlen sich unterschätzt und auf Schönheit und Haushalt reduziert. Deutsche als auch Frauen mit ausländischen Wurzeln. Bei vielen besteht der Wunsch nach mehr gelebter Gleichberechtigung, mehr Selbstbewusstsein, Anerkennung und Aufmerksamkeit.
Die Veranstaltung schien einen wunden Nerv getroffen zu haben. Als Lösungsansätze wurden u.a. eine gute Ausbildung genannt sowie im eigenen Umfeld andere Rollenverhältnisse zu schaffen: Gleichberechtigung in der Partnerschaft, in der Familie zu leben.
Die Auswertung der Veranstaltung ergab: „Bitte mehr davon!“
Text: Mirjam Kaltegärtner, für das KULTURcafé