11/23 und 04/24: Das Mulvany Berufskolleg in Herne und die Karsiyaka Lisesi in Izmir haben im Rahmen des deutsch-türkischen Schüleraustauschs das Umweltprojekt „Go Green – Let’s Reduce Our Ecological Footprint“ ins Leben gerufen. Dieses Projekt verfolgte das Ziel, das Bewusstsein für Umweltschutz und nachhaltiges Handeln zu stärken und gleichzeitig den kulturellen Austausch zwischen den Schülergruppen aus beiden Ländern zu fördern. Durch die finanzielle Unterstützung der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke gGmbH und der EU konnten 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (jeweils zwölf aus Deutschland und der Türkei) wertvolle Erfahrungen sammeln, indem sie nicht nur mehr über Abfallwirtschaft und Umweltschutz lernten, sondern auch die Bedeutung internationaler Partnerschaften und Zusammenarbeit im Kontext globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel erfuhren.
Im Vorfeld des Projekts wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu aufgerufen, den von ihnen produzierten Müll über einen bestimmten Zeitraum zu sammeln und im Rahmen eines Videotagebuchs zu dokumentieren. Diese Aufgabe sollte ihnen verdeutlichen, wie viel Abfall sie im Alltag produzieren und einen ersten Eindruck über ihren ökologischen Fußabdruck vermitteln. Die dabei gesammelten Daten dienten als Grundlage für Diskussionen und Reflexionen während des Projekts und zeigten, wo im eigenen Verhalten Veränderungspotenzial lag. Ziel war es, die Schülerinnen und Schüler zu einem umweltbewussteren Handeln zu motivieren und gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Türkei Ideen zu entwickeln, wie sie ihren ökologischen Fußabdruck nachhaltig verringern können.
Der erste Teil des Projekts fand im November 2023 in Izmir statt. Am 19. November reisten die deutschen Schülerinnen und Schüler vom Mulvany Berufskolleg von Düsseldorf aus nach Izmir. Die herzliche Begrüßung der türkischen Gastfamilien legte sofort den Grundstein für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Bereits am ersten Tag standen Kennenlernspiele auf dem Programm, um das Gemeinschaftsgefühl zwischen den Schülerinnen und Schülern zu stärken. Es folgte ein Fachvortrag zur Abfallwirtschaft in der Türkei, der einen detaillierten Einblick in die Herausforderungen und die Strategien des Landes im Umgang mit Müll bot. Ein besonders interessantes Thema war der Import von Müll aus Europa in die Türkei, was vielen deutschen Schülerinnen und Schülern nicht bekannt war. Diese Problematik diente als Ausgangspunkt für viele weiterführende Diskussionen über globale Verantwortung und nachhaltigen Konsum.
Am zweiten Tag des Aufenthalts in Izmir wurden die deutschen und türkischen Schülerinnen und Schüler offiziell vom Bezirksgouverneur für Bildung der Stadt Karsiyaka empfangen. In seiner Ansprache betonte er die Bedeutung solcher Austauschprojekte, die junge Menschen nicht nur in ihrer persönlichen Entwicklung, sondern auch in ihrem globalen Bewusstsein stärken. Anschließend besuchte die Gruppe eine Biogasanlage in Izmir, die organische Abfälle in Energie umwandelt. Besonders beeindruckend war die Information, dass die Biogasanlage genug Energie produziert, um 300.000 Haushalte zu versorgen. Dies zeigte den Schülerinnen und Schülern auf eindrucksvolle Weise, wie Abfälle in wertvolle Ressourcen umgewandelt werden können.
Der dritte Projekttag war von Kreativität und Engagement geprägt. Gemeinsam entwickelten die Schülerinnen und Schüler Slogans zum Thema Umweltschutz, die sie auf Holzplatten gravierten. Diese Platten wurden dann mit Sprühkreide in der Stadt Karsiyaka auf Gehwegen als „Stolpersteine“ angebracht, um die Passanten auf Umweltthemen aufmerksam zu machen. Die Aktion fand großen Anklang bei der lokalen Bevölkerung und sorgte für viele Gespräche über Umweltfragen. Parallel dazu führten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit der Karsiyaka Lisesi eine Müllsammelaktion durch, bei der sie sich aktiv für den Umweltschutz in ihrer Umgebung einsetzten und gleichzeitig das Bewusstsein der Anwohner für die Müllproblematik stärkten.
Ein kultureller Höhepunkt des Projekts war der Ausflug nach Nazarköy am 23. November. Dieses kleine Dorf ist für die Herstellung der Nazar-Amulette bekannt, die in der türkischen Kultur als Schutz vor dem „bösen Blick“ gelten. Die Schülerinnen und Schüler besuchten ein Atelier, in dem die Amulette aus recyceltem Glas hergestellt werden. Dieser Besuch veranschaulichte nicht nur das kulturelle Erbe der Türkei, sondern zeigte auch, wie Recycling und Nachhaltigkeit kreativ in traditionelle Handwerke integriert werden können.
Am 24. November durften die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den landesweiten Feierlichkeiten zum Lehrertag teilnehmen, einem besonderen Tag in der Türkei, an dem die wichtige Rolle der Lehrerinnen und Lehrer und der Bildung in der Gesellschaft gefeiert wird. Der Tag bot die Möglichkeit, mehr über die türkische Kultur und das Bildungssystem zu erfahren. Besonders berührend waren die Reden und Darbietungen, die Mustafa Kemal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei, gewidmet waren. Darüber hinaus erhielten die deutschen Schülerinnen und Schüler im Gespräch mit dem Schulleiter der Karsiyaka Lisesi wertvolle Einblicke in die Maßnahmen, die die Schule ergriffen hat, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Dazu gehören die Installation von Bewegungsmeldern an allen Lampen, die Reduktion von Papierdruck durch die verstärkte Nutzung digitaler Arbeitsmaterialien sowie die Einrichtung von Wasserbrunnen, um den Verbrauch von Plastikflaschen zu verringern. Diese Erkenntnisse wurden in den darauffolgenden Projekttagen als wichtiger Bestandteil in die Projektdokumentation aufgenommen.
Nach einem freien Tag zur Erkundung von Izmir ging der erste Teil des Projekts am 26. November mit einem gemeinsamen Frühstück zu Ende, bevor die deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Rückreise nach Deutschland antraten.
Der zweite Teil des Projekts fand im April 2024 in Herne statt, zu dem die türkischen Schülerinnen und Schüler am 21. April anreisten. Die Begrüßung begann mit einem gemeinsamen Abendessen, bei dem sich beide Gruppen auf den bevorstehenden Austausch freuten. Am nächsten Tag erhielten die Gäste eine Einführung in die Stadt Herne und Nordrhein-Westfalen, wobei die historischen und kulturellen Besonderheiten der Region vorgestellt wurden.
Ein offizieller Empfang durch den Oberbürgermeister von Herne am 23. April unterstrich die Bedeutung des Projekts auf städtischer Ebene. Der Bürgermeister betonte die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und internationaler Zusammenarbeit, insbesondere in Bezug auf den Umweltschutz. Auch in Herne führten die Schülerinnen und Schüler die kreative Sprühaktion durch und brachten ihre Slogans zum Umweltschutz auf den Gehwegen an.
Am 24. April besuchten die Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer die Müllverbrennungsanlage Niederrhein in Oberhausen, wo sie lernten, wie Müll zur Energiegewinnung genutzt wird und wie moderne Technologien eingesetzt werden, um die Emissionen zu reduzieren. Anschließend besuchten sie die Ausstellung „Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen, die sich mit der Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll befasste. Dieser Besuch verdeutlichte auf eindrucksvolle Weise die globalen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Umwelt und passte perfekt zum thematischen Schwerpunkt des Projekts.
Abgerundet wurde das Programm durch den Besuch einer Theateraufführung im Schauspielhaus Bochum, die den kulturellen Austausch weiter vertiefte. Am 25. April präsentierten die Schülerinnen und Schüler ihre gesammelten Erkenntnisse aus dem Projekt in ausgewählten Klassen des Mulvany Berufskollegs. In diese Präsentationen flossen sowohl die Ergebnisse der Müllsammelaktion als auch die Erkenntnisse aus den Gesprächen mit den Schulleitungen beider Schulen ein. Dabei wurde nicht nur der ökologische Fußabdruck der Schülerinnen und Schüler thematisiert, sondern auch die Maßnahmen, die die Schulen ergriffen haben oder planen, um den ökologischen Fußabdruck ihrer Einrichtungen zu reduzieren. Durch die Präsentationen und die anschließenden Dialoge mit den Zuhörerinnen und Zuhörern wurden wertvolle Denkanstöße gegeben und das Thema Umweltschutz in die Schulgemeinschaft getragen. Zum Abschluss des Projekts erhielten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer feierlich ihre Zertifikate, begleitet von Gitarrenmusik und Tanzeinlagen, die den Abschluss des Projekts in festlicher Atmosphäre feierten.
Das „Go Green“-Projekt war ein voller Erfolg. Die Schülerinnen und Schüler erweiterten nicht nur ihr Wissen über nachhaltige Abfallwirtschaft und Umweltschutz in Deutschland und der Türkei, sondern entwickelten auch ein tieferes Verständnis für die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit. Solche Austauschprojekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung des globalen Bewusstseins und zur Stärkung des Engagements junger Menschen für den Umweltschutz.
Text und Fotos: Ilka Günther, Fuat Güngör